Felix: Vielen Dank, dass ihr euch bereit erklärt habt, ein Interview mit uns zu führen. Die erste Frage: Wie schreibt man gemeinsam ein Buch? Wechselt ihr euch ab? Schreibt jeder von euch abwechselnd ein Kapitel? Oder wie können wir uns das vorstellen?
Andreas: Ja, wir schreiben Bücher für ganz kleine, größere und große Leser – so wie euch. Und für die ganz Großen, also für Erwachsene. Das läuft eigentlich immer unterschiedlich. Meistens schreibt einer von uns beiden vor, legt einfach los, und der andere steigt später ein.
Wir erstellen vorher immer ein Exposé. Da steht schon drin, was in jedem Kapitel passieren soll – also starten wir nicht blind. Oft fange ich an, und dann kommt Angelika und sagt, „Okay, ich schau mal drüber.“ Manchmal sagt sie dann, „Das ist alles Mist, ich mache das neu.“ Einer von uns hat eben die A-Karte.
Angelika: So stimmt das natürlich nicht. Aber, wie Andreas sagt, einer beginnt. Oder, wie du vorhin meintest, einer stößt den Ball ein Stück nach vorne, und der andere übernimmt dann, schaut es sich an, arbeitet an den Feinheiten und stößt ihn weiter. Wer anfängt, hängt oft vom Thema oder Stoff ab.
Manchmal sagt Andreas sofort, „Das ist voll meine Geschichte, ich weiß schon, wie das geht.“ Dann fängt er an. Bei den Katzen zum Beispiel war es anders: Ich hatte die Katzen schon im Kopf sprechen gehört, bevor der erste Satz da stand, und hab losgelegt. Andreas ist dann später eingestiegen.
So machen wir es: Wir sitzen nicht zusammen auf dem Sofa und überlegen jeden Satz, sondern wir wechseln uns ab.
Felix: Also kann man es sich wie bei einem Zeichner vorstellen – einer macht die Vorzeichnung, und der andere übernimmt die Feinarbeit?
Andreas: Perfekt gesagt! Wenn ich zum Beispiel den Entwurf schreibe, achte ich nicht auf jede Feinheit. Manchmal lasse ich Dialoge aus, weil ich weiß, dass Angelika z. B. Tierdialoge besser kann. Ich skizziere sie nur grob, und sie macht das dann lustiger.
Angelika: Das liegt daran, dass ich mein ganzes Leben lang schon mit Tieren spreche.
Luca: Über dich, Andreas, habe ich gelesen, dass du nicht viel liest und dich selbst als den „langsamsten Leser der Welt“ bezeichnest. Wie kamst du dann auf die Idee, Buchautor zu werden?
Andreas: Ich habe früher nur Lieder geschrieben. Bei einer Aufnahme in England war ein berühmter Pianist mit seinen Kindern dabei. Wir haben gesungen, und ich habe ihnen etwas vorgelesen. Der Pianist meinte dann zu mir: „Andreas, warum machst du nicht Geschichten zu deinen Liedern?“ So entstand die Idee zum Schreiben, und mit „Dinghy, der Hafendetektiv“ fing alles an.
Das mit dem Lesen stimmt aber: Ich lese jeden Satz achtmal und brauche ewig für ein Buch – höchstens drei im Jahr.
Felix: Angelika, wenn man dich googelt, wird oft deine Rolle als Non-Book-Expertin erwähnt. Wie kamst du von dort zur Buchautorin?
Angelika: Gute Frage! Mein erster Beruf war Buchhändlerin. Danach bin ich in einen Verlag gewechselt, habe dort in der Kinderbuchabteilung gearbeitet und später in einem Verlag, der Non-Book-Produkte, wie Geschenkartikel und Spiele, vertrieben hat. Durch diese Arbeit bin ich „aus Versehen“ zur Non-Book-Expertin geworden.
Später habe ich mich selbstständig gemacht, aber mein Herz hing immer am Buch. Seit ich mit Andreas zusammen bin, schreibe ich mit ihm.
Felix: Aber wie kamt ihr darauf, zusammen Bücher zu schreiben?
Angelika: Andreas hat mit „Dinghy“ und ein paar anderen Sachen alleine begonnen. Als er startete, hat mich das motiviert, mich einzumischen. Wir merkten schnell, dass wir uns gut ergänzen und zusammenarbeiten können.
Nicht alles machen wir zusammen. Andreas schreibt auch allein, und es erscheinen bald Bücher, die ich allein geschrieben habe. Aber das meiste machen wir zusammen, weil es am besten funktioniert.
Luca: Wie war es, mit Olli Kalkofe zu arbeiten?
Andreas: Sehr lustig! Beim ersten Mal kam Oliver Kalkofe in einem engen Trainingsanzug ins Studio, was schon mal witzig aussah. Bei der ersten Hörbuchaufnahme in Berlin haben wir unglaublich viel gelacht. Es gab da ein rotes Sofa im Studio, und wir haben so viel Quatsch gemacht, dass wir fast vor Lachen runtergefallen wären. Wir mussten uns öfter daran erinnern, dass wir auch Text aufnehmen sollten. Das hat echt Spaß gemacht.
Felix: In den Hörbüchern spielt Musik eine große Rolle. Spielt ihr die Musik selbst ein?
Andreas: Ja, komplett. Ich denke mir alles aus, nehme es auf und mische es ab. Angelika singt besser als ich, daher macht sie oft die komischen Geräusche im Hintergrund.
Angelika:
Ich darf schnell mitsingen und komische Geräusche im Hintergrund machen.
Andreas:
Genau, sie macht die Tiergeräusche und Schreie. Den Rest mache ich komplett selbst.
Manchmal hilft mir ein Gitarrist von der Blue Man Group. Eure Eltern kennen die Blue Man Group bestimmt. Einer der Gitarristen unterstützt mich manchmal bei den Gitarren, aber den Rest mache ich allein.
Felix:
Wie laufen die Gespräche zwischen der Blue Man Group und euch? Man kennt die Gruppe ja als schweigsam.
Andreas:
Ja, die haben so eine Art Schweigegelübde. Ich erzähle mal eine Geschichte dazu: Wir wohnen in Berlin und waren in der Tram in Ost-Berlin. An einer Station steht plötzlich jemand mit fünf Gitarren und acht Verstärkern. Wir sind ausgestiegen und haben ihm geholfen, alles in die Straßenbahn zu bringen. So begann eine super Freundschaft.
Jetzt sind viele unserer Freunde bei der Blue Man Group – das ist echt kein Witz. So gut hat sich das entwickelt.
Felix:
Kriegt ihr eigentlich besondere Karten für die Blue Man Group?
Angelika:
Ja, das kommt tatsächlich vor.
Luca:
Die haben ja immer so coole Outfits. Sehr praktisch.
Andreas:
Ihr wollt da auch mal hin, oder? Kein Problem, das können wir organisieren. Wenn ihr in Berlin seid, sagt einfach Bescheid.
Angelika:
Wir sind zwar nicht oft in Berlin, aber wenn doch, dann melden wir uns. Vielleicht gibt’s dann ein Special für euch.
Andreas:
Hilfsbereitschaft zahlt sich eben aus.
Luca:
Habt ihr Rituale, die euch beim Schreiben helfen?
Andreas:
Hm, Rituale? Eigentlich nicht… doch, ich hab was: Jonglieren. Wenn mir nichts einfällt, gehe ich in den Garten und jongliere mit drei Bällen. Kein Witz.
Felix:
Ich krieg’s nicht mal mit zwei hin!
Angelika:
Ja, solche Dinge gibt’s bei mir auch. Ich gehe laufen. Wenn ich blockiert bin, laufe ich zehn Kilometer entlang der Vechte, und meistens kommt dann die neue Idee, die ich brauche, irgendwo in der Mitte des Laufs.
Es hilft auch, wenn unsere alte Katze neben meinem Laptop liegt – auch wenn sie seit sie alt ist leider oft pupst. Das riecht nicht so toll, aber irgendwie ist es beruhigend, sie dabei zu haben.
Felix:
Die Straßentiger in euren Geschichten erleben ja spannende Abenteuer. Wenn ihr für einen Tag ein Tier sein könntet, welches wäre das, und was würdet ihr tun?
Andreas:
Hund. Den ganzen Tag schlafen.
Felix:
Echt? Macht unser Hund auch immer.
Andreas:
Ja, nur schlafen oder bellen – am besten eine ganze Woche. Davon träume ich schon seit 15 Jahren.
Angelika:
Hm, ich wäre gern ein Pferd.
Andreas: Pony – Pony reicht!
Angelika: Dann würde ich querfeldein galoppieren, bis ich nicht mehr kann. Ich liebe es zu laufen, und Pferde im Galopp finde ich großartig.
Oder ich wäre ein Vogel und würde einfach fliegen – einfach so, überall herum.
Felix:
Da ist auf jeden Fall ein großer Unterschied: Einmal faul schlafen und einmal aktiv irgendwo rumfliegen und rumlaufen.
Andreas:
Das hat auch seinen Grund. Ich bin jetzt seit zehn Jahren auf Tournee. Gerade waren wir in Spanien, und davor hatte ich acht Lesungen am Bodensee. Dann war ich einen Tag in Berlin und bin für Lesungen nach Palma geflogen. Zurück in Berlin, ging es wieder an den Bodensee, dann nach Antwerpen – beruflich. Deshalb wünsche ich mir einfach mal eine Woche Schlaf.
Angelika:
Außerdem hat Andreas oft gute Ideen im Schlaf. Das Schlimmste ist, wenn er nachts aufwacht und mich bittet, etwas aufzuschreiben – dann hat er plötzlich eine Idee.
Andreas:
Ja, meistens ist es nur ein Wort oder ein Name, den ich höre, und daraus entsteht oft eine ganze Geschichte.
Felix:
Liegt dann immer irgendwo ein Notizblock, oder macht ihr das auf dem Handy?
Andreas:
Ja, manchmal singe ich auch Melodien oder schreibe ein paar Zeilen zwischen 4 und 6 Uhr morgens auf. Oft auf Notizzetteln in der Küche – die Handschrift kann ich dann später kaum noch entziffern.
Felix:
Schreibst du auch auf einem Laptop?
Angelika:
Ja, die eigentliche Arbeit machen wir am Laptop. Die erste Idee kommt jedoch ins Notizbuch, weil es zu viel Arbeit wäre, alles direkt digital zu überarbeiten.
Luca:
Timo Grubing macht ja eure Illustrationen. Wie funktioniert eure Zusammenarbeit?
Andreas:
Mit Timo ist das toll, weil wir regelmäßig telefonieren und uns intensiv austauschen. So entsteht manchmal etwas, das auch die Geschichte beeinflusst, wie zum Beispiel Gags oder kleine Details, die wir dann in den Text einbauen.
Angelika:
Mit manchen Illustratoren hat man keinen Kontakt, aber mit Timo ist es besonders. Er bringt Ideen ein, die die Figuren visuell beeinflussen und dadurch auch die Geschichte verändern.
Felix:
Die Straßentiger erleben viele Abenteuer. Gab es mal Kritik, die euch überrascht hat?
Angelika:
Oh ja! Eine Leserin hat eine lange Rezension geschrieben und uns dafür kritisiert, dass Caruso nur ein Katzenklo hat, obwohl man bei zwei Katzen drei braucht. Sie hatte eine Liste mit über 30 Punkten, was alles angeblich falsch ist. Wir haben ihr freundlich erklärt, dass es eine fiktive Geschichte ist und kein Sachbuch über Katzenhaltung.
Andreas:
Generell versuche ich, Kritik nicht zu ernst zu nehmen. Wenn jemand die Hauptfigur nicht mag und das Buch deswegen schlecht bewertet, finde ich das nicht fair. Manche Kritiker finden einfach etwas persönlich unsympathisch, obwohl die Geschichte vielleicht gut ist.
Felix:
Was ist das Beste daran, zusammen als Autoren zu arbeiten?
Angelika:
Es ist toll, dass wir uns gegenseitig helfen, wenn einer blockiert ist. Man hat immer jemanden, der eine Idee hat, wenn man selbst feststeckt. Das ist ungeheuer beruhigend.
Andreas:
Und wir gleichen unsere Schwächen aus – das ist ein riesiger Vorteil.
Felix:
Gibt es auch negative Seiten?
Angelika:
Manchmal haben wir unterschiedliche Vorstellungen und müssen diskutieren, aber das führt meist zu einem besseren Ergebnis.
Luca:
Bei den Straßentigern hat Kalle ja nur ein Auge. Wisst ihr, wie das passiert ist?
Angelika:
Noch nicht genau. Wir haben überlegt, dass er ein Kämpfer ist und es in einem Kampf passiert ist, aber die Details lassen wir uns für einen möglichen dritten Band offen.
Andreas:
Wir schreiben immer so, als ob es einen Folgeband geben könnte. Ob es tatsächlich einen gibt, hängt von verschiedenen Faktoren ab, aber wir bauen gerne Geheimnisse ein, die erst später aufgelöst werden könnten.
Es gibt ganz verschiedene Gründe, aus denen es einen dritten oder vierten Band gibt, oder eben nicht. Manchmal ist das Timing schlecht. Manchmal kann die Illustratorin oder der Illustrator nicht.
Manchmal hat sich der Zweite einfach nicht gut genug verkauft. Das sind ganz verschiedene Faktoren. Aber wir tun immer so, als wenn wir einen nächsten Band schreiben.
Luca: Vielen Dank
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