Auf der Leipziger Buchmesse 2024 haben wir Interviews mit
Schriftsteller:innen und Illustrator:innen geführt, deren Bücher uns
gefallen. Den Anfang macht dieses Interview mit Daniel
Bleckmann und Thomas Hussung. Die beiden haben
sich einige Zeit genommen, um unsere Fragen zu beantworten. Das Gespräch
hat sehr viel Spaß gemacht und nach anfänglicher Nervosität unsererseits
bekamen wir einen schönen Austausch hin.
Interview
Bookbrothers Felix: Daniel, wie bist du zum Schreiben
gekommen?
Daniel Bleckmann: Ich schreibe eigentlich schon, so lange ich
schreiben kann. Im Alter von 13/14 Jahren habe ich angefangen,
Fantasyrollenspiele wie “Dungeons and Dragons” oder “Das schwarze Auge”
zu spielen. Ich habe zu den Figuren, die ich dabei gespielt habe,
komplette Hintergrundgeschichten geschrieben: Wo kommt der Held her? Wer
waren seine Eltern? Warum begibt er sich ins Abenteuer?
Das war die Initialzündung, wo ich angefangen habe, so mit 14,
richtig große Geschichten zu schreiben.
Bookbrothers Luca: Wie planst du deinen Arbeitsalltag ein? Du
bist ja noch Lehrer und schreibst ja dann auch noch die
Bücher.
Daniel Bleckmann: Ich wünsche manchmal ich hätte mehr Planung! Aber
es hilft auf jeden Fall, morgens um 5:00 Uhr aufzustehen. Da schlafen
meine Kinder (und ihr vermutlich ja auch) noch und ich habe dann 2
Stunden Zeit, konzentriert zu arbeiten, bevor die Kinder zur Schule
geweckt werden. Wenn ich nach der Schule nach Hause komme, ist
korrigieren angesagt, Unterricht vorbereiten und so weiter. Da habe ich
keine Zeit mehr, also versuche ich das morgens, weil da der Kopf auch
noch frei ist. Ich gucke auch nicht mehr soviel Fernsehen oder spiele an
der Playstation. Das hilft auf jedenfall, um den Workload zu
steigern.
Bookbrothers Felix: Was ist das Beste daran Autor zu
sein?
Daniel Bleckmann: Das beste daran Autor zu sein ist, wenn auf
Lesungen Jungs und Mädchen zu mir kommen und sagen, „Herr Bleckmann, ich
habe ihr Buch gelesen und es ist eins der ersten Bücher das ich jetzt
überhaupt komplett durchgelesen habe.“ Das finde ich richtig toll.
Geschichten zu erzählen, die die Kinder abholen, begeistern und zum
Lesen bringen ist das Beste am Autorendasein.
Bookbrothers Felix: Und worauf könntest du
verzichten?
Als Autor wartet man eigentlich den ganzen Tag, die ganze Woche. Wann
kommt endlich das Cover? Wann kommt das schöne Cover? Wann kommt das
Lektorat zurück? Wann kann ich weitermachen? Wann kommt die Zusage vom
Verlag, ob ich noch einen weiteren Band schreiben darf? Man wartet
ständig. Warten ist auf jeden Fall nicht meine Kernkompetenz.
Bookbrothers Luca: Dann hättest du ja Zeit zu
zocken.
Daniel Bleckmann: Ich arbeite ja während dessen weiter um die Zeit zu
überbrücken. Aber ja, ich zocke auch und da kriege ich auch
Inspiration.
Bookbrothers Luca: Dazu passt auch, glaub ich, die nächste
Frage. Du hast bei den KoboldKroniken ja sehr viele Nerd-Anspielungen
drin. Wieviel Nerd steckt in dir?
Daniel Bleckmann: Ganz viel. Ich sag mal 1/3 ist Nerd, 1/3 ist Lehrer
und 1/3 ist der Rest. Wir versuchen, viele Anspielungen in die Bücher zu
bringen. Aber manche Filme sind schon ein bisschen alt. Wenn wir
Matrix-Anspielungen einbauen, kennt das ja keiner mehr. Oder kennt ihr
Matrix?
Bookbrothers Felix: Haben wir noch nicht
geguckt.
Daniel Bleckmann: Ja, ist ja auch für Ältere. Ich muss immer gucken,
dass das aktuell ist. Star Trek, Star Wars und Herr der Ringe habe ich
immer ganz viel drin und es macht auch sehr Spaß die ganzen Eastereggs
zu verstecken.
Bookbrothers Felix: Hast du irgendwelche Rituale die dir beim
Schreiben helfen?
Daniel Bleckmann; Schwarztee, ich trinke literweise Earl Grey. Ich
höre Filmmusik währenddessen, also etwas ohne Gesang. “Herr der Ringe”
und in letzter Zeit von „One Piece“ den Netflix-Soundtrack, der ist hoch
und runter gelaufen 2023. Ohne Musik geht es nicht. Dann setze ich setze
mir Kopfhörer auf die Umgebungsgeräusche ausblenden. Wenn meine Kinder
streiten oder bluten, kriege ich das nicht mit, denn ich bin
abgeschottet (lacht). Ich habe ganze Playlists für Situationen.
Ich habe eine Kampfplaylist, ich habe eine Epic-Playlist, ich habe eine
Playlist für „Oh, alles ist traurig“ und da sind dann ganze viele Tracks
drin.
Bookbrothers Luca: Hast du jemals „Day of the Tentacle“
durchgespielt oder „Monkey Island“?
Daniel Bleckmann: Monkey Island habe ich gespielt auf dem Amiga
500.
Bookbrothers Felix: Das kennen wir aus dem Computermusik
Oldenburg.
Daniel Bleckmann: Ich weiß, euer Papa hat ja gesagt, er ist da jede
Woche. Monkey Island habe ich gezockt und dann Indiana Jones, war damals
auch eins meiner ersten Spiele. Giana Sisters und Artic Adventure alles
mögliche auf dem Amiga 500. Ist schon lange her.
Bookbrothers Felix: Dank Papa sagen mir manche der Spiele
sogar etwas.
Daniel Bleckmann: Ja? Ja cool.
Bookbrothers Felix: Giana Sisters hat er mit uns im
Computermusem gespielt.
Daniel Bleckmann: Super
Bookbrothers Felix: Während Doggerland ja ein normaler
Abenteuerroman ist und ohne Illustrationen funktioniert, sind die
KoboldKroniken ja als Text-Comic-Buch komplett anders aufgezogen. Wie
arbeitet ihr da zusammen?
Thomas Hussung: Wir telefonieren schon, während Daniel sich die Story
ausdenkt, viel und bereden dann den Plot. Wenn Daniel mal nicht weiter
weiß, fragt er mich, ob ich einen Tipp habe. Manchmal habe ich das,
manchmal nicht. Dann schreibt Daniel vor sich hin. Dann bin ich
derjenige, der warten muss und irgendwann bekomme ich die erste Fassung.
Oft kriege ich diese Fassung sogar noch vor der Lektorin, bei Band 2 und
4 war’s jedenfalls so. Ich lese das und dann sage ich, „nee alles
schlecht, bitte nochmal schreiben“. Nein, Quatsch. Ich gebe ein paar
Anmerkungen, die Daniel in die erste Fassung übernimmt. Er schreibt auch
schon rein, welche Illustrationen er sich an der und der Stelle
vorstellen kann. Danach geht’s ins Lektorat und wenn die fertig sind,
lege ich den Text in Indesign (ein Buchlayoutprogramm) und lege fest, wo
Texte als Text oder Comic-Passage drin sind. Das geht wieder an Daniel,
dann wieder ans Lektorat. Das geht dann gefühlt 1000x hin und her, bis
es in den Druck muss, auch wenn wir das Gefühl haben, es ist nicht
fertig.
Daniel Bleckmann: Wir nähern uns immer so den zufriedenstellenden 80%
an. 100% erreicht man nie bei den Büchern. So das man sagt 100%
zufrieden, 100% perfekt. So bei 80% ist dann Schluss. Das Buch wird
gedruckt. Später bemerken Leute auf Seite 43, dass der “Pfeil auf die
Lampe zeigt, nicht auf die Spaten”. Und wir müssen dann zugeben: “Ja,
stimmt”
Thomas Hussung: Also kann es auch passieren, dass man so kleine
Fehler dann übersieht, inhaltlich usw.
Bookbrothers Felix: Zum Glück überspielt unser Gehirn
Schreibfehler. Manchmal bemerke ich den Schreibfehler beim zweiten Mal
lesen.
Daniel Bleckmann: Ja, man wird ja irgendwann betriebsblind. Wir sehen
die Sachen auch einfach nicht mehr. Es ist egal wieviele Leute drüber
gucken, das ist normal.
Bookbrothers Luca: Die KoboldKroniken sind ja als Buch etwas
ganz besonderes. Die Gestaltung selbst ist ja ein Teil der Handlung. Wie
unterscheidet sich das Zeichnen hier von anderen Büchern?
Thomas Hussung: Naja, bei anderen Büchern mache ich das nicht so wie
ich das gerade erzählt habe. Ich erhalte den Text und in diesem Text
sind Kommentare drin: “Hier bräuchten wir eine Illustration”. Es wird
beschrieben, was die Illustration zeigen soll und genau das zeichne ich
dann. Bei den Koboldkroniken bin ich da viel freier. Wenn Daniel sagt,
dass er an dieser Stelle eine bestimmte Illustration haben will, kann
ich durchaus “nee, das finde ich anders besser” sagen und dann einigen
wir uns. Ich bin nicht bei allen Büchern so frei, aber ich habe mir zum
Beispiel auch bei anderen Buchserien ein bisschen mehr Freiraum
erkämpft. Das ist nicht unbedingt der übliche Weg, normalerweise wird
mir schon klar gesagt, was ich wo malen soll. Gerade am Anfang
illustriert man stark nach Vorgaben.
Bookbrothers Felix: Sind die Figuren aus deinem „Kreaturen
Kritzelbuch“ mit den Figuren aus Kwertz verwandt?
Daniel Bleckmann: (lautes Lachen)
Thomas Hussung: Ja, manche. Also wir haben ja einen Kobold im
„Kreaturen Kritzelbuch“ und der sieht relativ ähnlich aus, wie auch die
Kobolde bei den „KoboldKroniken“ aussehen. Im 2. Teil gibt es sogar
einen Waldkobold und dessen lateinischer Name – im „Kreaturen
Kritzelbuch“ sind ja oft so lateinische pseydowissenschaftliche Namen
mit dabei – dessen Name ist gleich wie bei den „KoboldKroniken“. Wen ich
meine, verrate ich aber nicht. Dafür muss man entweder warten oder das
„Kreaturen Kritzelbuch“ lesen. Dann gibt es auch noch eine Figur die
Alberich heißt im „Kreaturen Kritzelbuch“…
Bookbrothers Luca: So wie der Zwerg.
Thomas Hussung: … wie der Zwerg, genau. Also ja ich würde sagen die
sind schon verwandt.
Bookbrothers Luca: Was dauert länger die Geschichte oder die
Illustrationen?
Thomas Hussung: Ich glaube das reine Schreiben wenn man plotten mit
dazu nimmt, also sich die Geschichte ausdenkt, dann ungefähr gleich.
Daniel Bleckmann: Ja
Thomas Hussung: Die reine Schreibzeit ist dann aber wahrscheinlich
schneller.
Daniel Bleckmann: Also ich mache mir so 2 Monate Gedanken, mache
Pinnwände voll und Flipcharts und plotte die Geschichte so in Kapiteln
und in Szene usw. und Handlungssträngen und dann schreibe ich so
ungefähr 3 Monate an einem Band. Aber das ist nur der erste Entwurf.
Dann kommt schon Thomas und fängt an, rumzukritisieren und zu ändern und
dann ja, also dann braucht jeder so ein halbes Jahr. Wobei ich ja auch
während, Thomas illustriert auch schon wieder entweder weiter schreibe
am nächsten Band oder schon wieder etwas ändere.
Thomas Hussung: Ja, kann man nicht so genau sagen, aber ungefähr
ähnlich. Der Text-Bild-Anteil ist ja auch ziemlich ausgeglichen – fast
50:50.
Bookbrothers Felix: Welches Buch würdest du Kindern
eigentlich empfehlen?
Thomas Hussung: Gute Frage, also meine Tür in das Fantasygenre war
„Narnia“, was passend ist, weil da gibt es ja auch eine Tür durch den
Wandschrank. Mit „Narnia“ habe ich angefangen und dann kam schon gleich
Tolkien „Der kleine Hobbit“ und dann direkt „Herr der Ringe“. Das fand
ich gut und das würde ich auch Kinder empfehlen. Also vielleicht
wirklich mit so den Klassikern wie „Narnia“ oder „Der kleine Hobbit
anfangen“
Bookbrothers Luca: „Harry Potter“
Thomas Hussung: Dann natürlich „Harry Potter“
Daniel Bleckmann: Ja
Thomas Hussung: Als ich mit „Narnia“ angefangen bin, gab es noch gar
keinen „Harry Potter“, deswegen konnte ich das nicht. Wahrscheinlich
hätte ich sonst auch mit „Harry Potter” angefangen.
Bookbrothers: Vielen Dank für das schöne
Interview